Main-Echo vom 16. Oktober 2003

Der gläserne User

Was man aus manchen E-Mails herauslesen kann


Marktheidenfeld. In unserer Gesellschaft wird häufig geklagt, dass der Bürger immer »gläserner« wird. Denn man kann — vorausgesetzt man hat Zugang zu gewissen Informationen — fast alles herausfinden.

Das fängt damit an, dass man mit jedem »elektronischen« Einkauf eine Spur legt. Jedesmal, wenn man mit EC-Karte oder Kreditkarte zahlt, hinterlässt man eine Spur. Wenn man dazu noch an Bonusprogrammen teilnimmt (beispielsweise »Payback«), wissen irgendwelche Leute im Hintergrund. was man bevorzugt einkauft.

Wenn man die Gewohnheit hat, ständig mit eingeschaltetem Handy herumzulaufen, ist es ohne Probleme möglich, lückenlose Protokolle zu erstellen, wo ungefähr man zu welcher Uhrzeit war.

Wenn man Computernutzer ist, hat man sowieso schon verloren. Wir wollen hier gar nicht ins Detail gehen, aber was beispielsweise ein mit dem Programm »Word« verfasster Text an zusätzlichen Informationen im (nicht sichtbaren) Quelltext enthält, ist interessant. Vorsichtig sein sollte man auch mit E-Mails, denn auch sie verraten einiges über den Nutzer. In diesem Zusammenhang müssen wir eine wahre Geschichte erzählen von zwei Akteuren - nennen wir sie der Einfachheit halber den »schwarzen Richard« und den »roten Uwe«.

Der »schwarze Richard« hat eine witzige Geschichte in Erfahrung gebracht, die er seinen Freunden mitteilen will. Der online-erfahrene Computernutzer verschickt den Witz darauf hin per E-Mail an seine Freundesschar. Weil wir offenbar auch zu den Freunden zählen, kommt die E-Mail auch bei uns an.

Bass erstaunt müssen wir der Mail im Abschnitt »CC:« entnehmen, dass sie an weit über 100 Bekannte ging — auch an den »roten Uwe«. Dem fällt auf, dass jeder Empfänger sehen kann, wen der »schwarze Richard« zu seinen Bekannten zählt, und er ant wortet: »Sicher wollen nicht alle, dass allen anderen bekannt wird, dass sie in Deinem Verteiler sind«, schreibt er, »Ich sag Dir jetzt, wie's geht: Versende Deine Mails nicht unter >An:<, sondern unter >CC<, dann kommen sie genauso an. aber nicht jeder Empfänger erhält die Adressen Deines gesamten Verteilers«.

Natürlich hat der »rote Uwe« diese Mail auch an jeden der über 100 Empfänger gesandt, auch ans Main-Echo.

Wir haben daraufhin natürlich die Empfängerliste genau durchgeschaut. Weil wir von der Zeitung immer neugierig sind, werden wir den »schwarzen Richard« demnächst mal ausquetschen, wer denn diese Leute in seinem Adressbuch alle sind, welche Funktion sie haben und in welchem Verhältnis er zu ihnen steht.

Den Strich durch die Rechnung gemacht hat uns ein Dritter namens »Sebastian«. Der, ebenfalls in der Empfängerliste stehend, hat die Lösung des Problems: »Soll dies vermieden werden, so müssen die E-Mail-Adressen der Empfänger in das Feld >BCC:< eingetragen werden« — zu deutsch »Blind Carbon Copy«.

Er hat Recht: die »Blindkopie« ist die einzige Möglichkeit, nicht jedem E-Mail-Empfänger Einblick in sein Adressbuch zu geben. Man muss ja nicht mehr über sich verraten, als das, was man unbedingt muss, oder? Zu mal ein Fachmann auch aus einer einzigen Mail noch viele weitere Infos über Provider. Betriebssystem und andere Daten des Users herauslesen kann. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Winfried Zang