Main-Echo vom 10. März 2013

Einheitslisten als Erfolgsmodell?

Kommunalwahl: 2008 führte Bischbrunn die Einheitsliste ein - Rothenfels zieht in diesem Jahr nach



Rothenfels, Bischbrunn   Bei der Kommunalwahl am 16. März gibt es in Rothenfels und Bischbrunn eine Besonderheit. Die beiden Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Marktheidenfeld haben zur Wahl nur eine Einheitsliste als Wahlvorschlag. Quer durch Parteien, Organisationen und unabhängige Bürger haben die Listen jeweils doppelt so viele Kandidaten (24) wie Sitze im Gemeinderat (12).

Der Wähler hat am 16. März auch so viele Stimmen, wie Kandidaten auf der Liste stehen. Was im ersten Moment etwas paradox klingt, ist beim genaueren Hinsehen natürlich logisch: Gewählt wird dadurch, dass der Wähler nicht alle seine Stimmen vergibt. In diesem Fall würden am Ende nämlich alle Kandidaten exakt das gleiche Resultat erzielen. Das Los müsste dann den Einzug in den Stadt- oder Gemeinderat bestimmen. Dies liegt daran, dass anders als bei zwei oder mehr Listen, das sogenannte Kumulieren nicht gestattet ist. Kumulieren oder »häufeln« genannt bedeutet, einem Kandidaten bis zu drei Stimmen zu geben.

Eigenen Vorschlag machen Wenig Sinn macht es daher auch, die komplette Liste mit einem Kreuz zu versehen. Dann erhalten nämlich alle Kandidaten genau eine Stimme. Das Listenkreuz macht dann einen Sinn, wenn man gleichzeitig einzelne oder mehrere Kandidaten streicht. Dann erhalten die gestrichenen Bewerber keine Stimme. Im Idealfall würde jeder Wähler genau die zwölf Kandidaten wählen, die er gerne als Vertreter im Stadt- oder Gemeinderat sehen würde. Genau so möglich ist aber jede andere Anzahl an Stimmen bis zur höchsten Anzahl von 24. Neben den 24 Kandidaten gibt es auch 24 Leerzeilen. Auf denen hat der Wähler die Möglichkeit, seine persönlichen Wunschkandidaten zu benennen, falls ihm einige oder auch alle Bewerber nicht zusagen. Das gleiche gilt bei der Wahl des Ersten Bürgermeisters. Wenn nur ein Kandidat zur Wahl steht, hat der Wähler auch die Möglichkeit, einen eigenen Vorschlag zu machen. In Rothenfels heißt die Liste »Unabhängige Bürger, freie Bürger, SPD«. Man hat diese Liste genommen, da dort jeder eine Heimat finden kann. Eine neue Liste zu erstellen, eventuell ganz ohne Partei, oder auch mit Freien Wählern oder CSU dabei, hätte einen enormen bürokratischen Aufwand bedeutet. In Bischbrunn gibt es seit der letzten Wahl 2008 die Liste CSU-Dorfgemeinschaft/UWG/Bürgerliste. Hier haben die Wähler bereits verstanden, wie es geht. Dies zeigt das Beispiel aus dem Jahr 2008. Insgesamt 1001 Bischbrunner nutzen ihr Wahlrecht. Bei 13 ungültigen waren 988 Stimmzettel gültig. Lediglich 60 Wähler machten ein Listenkreuz, also gerade einmal sechs Prozent. Die Wähler gaben insgesamt 9832 Stimmen ab, was einem Schnitt von fast zehn entspricht.

Notgedrungen eingewilligt Bischbrunns Bürgermeister Richard Krebs erinnert sich an die Anfänge in seiner Gemeinde. »Teilweise gab es im Gemeindebereich Bischbrunn vier Kandidatenlisten für den Gemeinderat«, so Krebs. Das bedeutete vier mal 24 Kandidaten. »Nur zwölf konnten gewählt werden, viele der 96 Kandidaten wollten eigentlich gar nicht Kandidat sein«, so Krebs weiter. Sie seien aber von den jeweiligen Listenführern so lange bedrängt worden, bis der Kandidat schließlich zu einer Kandidatur eingewilligt habe. Auch den Hintergrund kennt der Bürgermeister. »Wenn die Partei oder Gruppierung A 24 Kandidaten hat, will man mit seiner Partei/Gruppierung B, C oder D nicht weniger haben«, erklärt Krebs. »Die Folge war, dass viele Kandidaten, die eigentlich keine Kandidaten sein wollten, von ihrem Ergebnis doch enttäuscht waren und ihre Mitarbeit auch im Vereins- oder sonstigen Bereich eingestellt haben«, beklagt er.

Positive Erfahrungen In der tagesaktuellen Gemeinderatsarbeit spiele die Parteizugehörigkeit nach der Wahl der weiteren Bürgermeister und Besetzung der diversen Verbandsversammlungen meist keine Rolle mehr. »Unter diesem Hintergrund machte ich im Vorfeld der Kommunalwahlen 2008 den Vorschlag eine Einheitsliste zu bilden«, begründet er seine Idee. »Es hat sich herauskristallisiert, dass es mit mir nur einen Bürgermeisterkandidaten gibt und dass es für alle Parteien und Gruppierungen immer schwieriger wurde, verbrannte Kandidaten erneut zu motivieren. So entstand 2008 eine der ersten Einheitslisten im Landkreis.«, sagt Krebs. Die Erfahrungen seien so positiv, dass es auch 2014 wieder nur eine Liste, die Bürgerliste gibt, freut sich Krebs. Allen interessierten Kandidaten stand bei mehrmaligem Aufruf eine Kandidatur offen. Es würden so nur ernsthafte Bewerber kandidieren. Der Kreis der Enttäuschten sei bei zwölf Räten und 24 Bewerbern auch überschaubar.

Gespannt auf Ergebnis Während man in Bischbrunn überwiegend gute Erfahrungen mit der Einheitsliste gesammelt hat, ist man in Rothenfels gespannt auf das Ergebnis. »Nachdem feststand, dass mit mir nur ein Bürgermeisterkandidat zur Verfügung steht, habe ich der Liste Stadtrat 96 angeboten, eine gemeinsame Liste aufzustellen, was diese dann schließlich auch angenommen haben«, sagt Bürgermeisterkandidat Michael Gram. Hintergrund sei gewesen, dass es leider immer schwerer werde, Bürger zu finden, die sich für das kommunale Ehrenamt zur Wahl stellen und im Falle der Wahl diese Verantwortung auch übernehmen möchten. »Ich sehe bei einer gemeinsamen Liste den großen Vorteil, dass man keinen gespaltenen Stadtrat mit zwei Fraktionen hat, welche sich schon im Wahlkampf zerstritten haben«, fügt er hinzu. Mit dieser einen Liste könnten die neuen Stadträte sofort unbelastet mit der Sacharbeit beginnen. Eher verhalten sieht es die scheidende Bürgermeisterin Rosemarie Richartz: »Für mich sind Einheitslisten in der Regel aus der Not geboren«. Fehlende Kandidaten seien meist der Grund und nicht eine über alle Themen hinweg vorhandene Harmonie. »In meinen drei Perioden als Bürgermeisterin gab es immer zwei Listen und wir sind gut damit gefahren«, so die Bürgermeisterin. Spätestens nach der konstituierenden Sitzung hätten alle wieder verantwortlich in die gleiche Richtung gezogen.   Steffen Schreck



Sowohl bei der Bürgermeisterwahl als auch bei der Stadtratswahl darf der Wähler neben den angebotenen Wahlvorschlägen auch eigene Vorschläge dazu notieren.
Foto: Steffen Schreck