Main-Post vom 28. Oktober 2010

Der doppelte Richard

Ebenbild in den USA


BISCHBRUNN/LAKE ARIEL   Bürgermeister Richard Krebs aus Bischbrunn bekam Post von Richard T. Krebs aus Lake Ariel/Pennsylvania.

Die Ähnlichkeit ist verblüffend: Richard Krebs, Bürgermeister von Bischbrunn, hat einen Doppelgänger in den USA. Der Mann aus dem Bundesstaat Pennsylvania sieht allerdings nicht nur genauso aus, er heißt auch noch so: Richard T. Krebs. Der Richard aus dem Spessart will nun mehr über seinen „Zwillingsbruder“ aus dem fernen Amerika erfahren – und begibt sich auf die Spuren seiner Ahnen.

Lake Ariel – von einem Ort mit diesem Namen hatte Richard Krebs bis zum Freitag noch nie etwas gehört. Sein Unwissen kann ihm wirklich niemand verübeln. Das gesamte Wayne County (ein County ist vergleichbar mit einem deutschen Landkreis), in dem sich das an einem See gelegene Dorf Lake Ariel befindet, hat gerade mal 48 000 Einwohner und eine Bevölkerungsdichte von 25 Einwohnern pro Quadratkilometer.

Ausgerechnet aus einem derart verschlafenen Nest flatterte Richard Krebs nun in der vergangenen Woche Post ins Haus. Was den Bischbrunner Bürgermeister noch stutziger machte: Der Name des Absenders auf dem Brief lautete genau wie sein eigener. In den Umschlag hatte der unbekannte Verfasser ein Anschreiben gesteckt, formuliert in deutscher Sprache, fast fehlerlos und ungestelzt. Beigelegt waren sieben Fotografien, zwei in Schwarz-Weiß und fünf in Farbe.

Gleich im ersten Satz las Richard, der Deutsche, dass er gleich mit ein paar „interessanten Tatsachen“ konfrontiert werde. Dann stellte sich der geheimnisvolle Schreiberling vor: Richard T. Krebs, 62 Jahre alt, pensioniert, verheiratet mit Kathleen, wohnhaft in Lake Ariel, Pennsylvania, USA. Er habe zwei erwachsene Söhne, Michael und Matthew, sowie ein Enkelkind namens Theodore.


Zufallstreffer im Internet

Im Internet ist der „Ami-Richard“ per Zufall auf die Homepage seines deutschen Namensvetters gestoßen (www.richard-krebs.de), der mit 61 Jahren fast gleich alt ist. Als er sich durch die Fotoalben klickte, in die der Bürgermeister dort Einblick gewährt, war er bass erstaunt. „Wir sehen uns so ähnlich, dass ich und meine Familie überzeugt sind, dass wir verwandt sind“, schreibt Richard T. Krebs.

Um zu ergründen, worauf diese schier unglaublichen Übereinstimmungen zurückzuführen sein könnten, hat der Mann aus den Vereinigten Staaten seinen Stammbaum genauer inspiziert. Das Ergebnis seiner Nachforschungen: Großvater Theodore, der am 1. November 1877 zur Welt kam, ist 1894 in die USA eingewandert; er stammt wahrscheinlich aus Weibersbrunn oder Aschaffenburg.

Theodore hatte mindestens zwei Brüder, George und Constantine, die ihr Glück ebenfalls im Land der unbegrenzten Möglichkeiten fanden. Auf Einwanderungsurkunden ist vermerkt, dass George in Aschaffenburg-Damm geboren wurde, Constantine gab als letzten Wohnsitz Weibersbrunn an. Die Eltern der drei Brüder, also Richard T.'s Urgroßeltern, haben Deutschland dagegen nie verlassen; sie waren gemeldet als Constantin und Caroline Krebs, eine geborene Boch.

Eine Menge Anhaltspunkte, mit denen sich Bischbrunns Bürgermeister an die Gemeinde Weibersbrunn und die Stadt Aschaffenburg gewandt hat. Außerdem wird er einen guten Bekannten, der Ahnenforschung betreibt, um Unterstützung bei seinen Recherchen bitten. Bis zum Jahr 1780 könne dieser die Geschichte der Familie Krebs zurückverfolgen. Gute Voraussetzungen, um das Rätsel um den „doppelten Richard“ zu lösen.

Wie eng die Familienbande auch sein mögen: Bürgermeister Krebs kann sich gut vorstellen, einmal die Reise über den großen Teich anzutreten und dort sein Ebenbild zu besuchen. Doch noch aus einem anderen Grund hätte dieser Trip seinen Reiz: An der amerikanischen Westküste war der „Spessart-Eingeborene“ schon zweimal, im Osten der USA dagegen noch nie.


Von unserem Redaktionsmitglied JOCHEN JÖRG

Zum Thema im Bayerischen Rundfunk

Mitschnitt Doppelgänger aus Amerika 27.10.2010_1.mp3
Mitschnitt Doppelgänger aus Amerika 27.10.2010_2.mp3