Main-Post vom 28. April 2014

Richard Krebs: Der höchste kleine Dorfbürgermeister

Jahrzehnte für das Ehrenamt: Nach 30 Jahren räumt Richard Krebs seinen Bürgermeistersessel


BISCHBRUNN   Er selbst bezeichnet sich augenzwinkernd als „der höchste Bürgermeister“ im Main-Spessart-Kreis, weil sich auf seinem Gemeindegebiet die landkreisweit höchste Erhebung findet. Definitiv ist Richard Krebs der längstgediente Bürgermeister der Region. Nach 30 Jahren endet seine Amtszeit.

1984 hatte sich der gelernte Industriekaufmann das nicht träumen lassen. Mit zwei Stimmen Unterschied (596:594) gewann der CSU-Ortsvorsitzende Richard Krebs gegen den amtierenden SPD-Bürgermeister Heinrich Krebs. „Der rote gegen den schwarzen Krebs“ nannten die Leute das Duell. Richard Krebs saß zuvor sechs Jahre im Rat und war Dritter Bürgermeister, dennoch war die Anfangszeit als Erster nicht leicht.

In der Gemeindesekretärin Karin Kunkel, die seit 42 Jahren im Rathaus arbeitet und nun wie ihr Chef in den Ruhestand tritt, hatte er von Beginn an eine wichtige Stütze. Immerhin übernahm er den Amtssessel in der Endphase der Flurbereinigung und musste zugleich einen Investitionsstau bei den Baugebieten beseitigen.

„Damals hatte ich wenig Freizeit“, erinnert sich Krebs. Daran hat sich genaugenommen in 30 Jahren wenig geändert. „Als Bürgermeister ist man immer im Dienst – auf dem Sportplatz wie in der Kirche.“ Rund um die Uhr werde man mit den Problemen und Sorgen der Bürger konfrontiert, sagt Krebs. Am Ende seiner ersten Amtszeit, das räumt er ein, „war ich an der Grenze meiner Leistungsfähigkeit“. Riefen die Leute früher bis in die Nacht mit ihren Anliegen an, so hat sich inzwischen der Kontakt auf den E-Mail-Verkehr konzentriert. Der läuft allerdings Tag und Nacht.

Die Belastung hielt Krebs nicht ab, sich mit den Jahren noch mehr Ehrenämter aufzulasten. Seine wirtschaftliche Basis fand der Parteisoldat als CSU-Geschäftsführer für den Bundeswahlkreis Main-Spessart und als Mitarbeiter des ehemaligen Landtagsabgeordneten Eberhard Sinner.

Mit dieser finanziellen Absicherung im Rücken, der Nähe zu seiner Heimatgemeinde und der zeitlichen Flexibilität seines Berufs konnte sich Krebs über so viele Perioden sein ehrenamtliches Engagement erlauben.

Das sei ein Grund, warum Freiberufler und Beamte häufig ehrenamtlich Dienst in den Rathäusern tun. „Wer sonst geht das Risiko ein, eventuell nach einer Amtsperiode wieder abgewählt und damit arbeitslos zu werden?“, gibt Krebs zu bedenken.

1990 hat er im Gemeinderat angefragt, ob er hauptberuflicher Bürgermeister werden dürfe. Seiner Ansicht nach bräuchten einige Gemeinden, wie auch Bischbrunn, ein Vollzeit-Ortsoberhaupt. Die Anforderungen seien ständig gewachsen und verlangten nach Professionalisierung. Doch in Bischbrunn wurde sein Wunsch abgelehnt.

„Als Bürgermeister ist man immer im Dienst, auf dem Sportplatz wie in der Kirche.“
Richard Krebs 30 Jahre Bürgermeister in Bischbrunn

„Der Landkreis ist in dieser Frage rückständig“, findet Krebs. „Da wird manchmal mit Neid Stimmung gemacht, weil ein Hauptberuflicher auf dem Papier etwas teurer ist. Dabei kann es die Gemeinde viel teurer zu stehen kommen, wenn ich keine Zeit habe, mich um die Probleme zu kümmern.“ Apropos Landkreis: Der 65-Jährige sitzt auch seit 1984 im Kreistag und wird sich diese „Spielwiese“, wie er sagt, zumindest für sechs weitere Jahre erhalten. Doch in 30 Jahren habe sich eines nicht verändert: „Der Landkreis ist und wird kein Landkreis“, sagt Krebs aus Erfahrung. Wenn die eine Ecke etwas bekomme, „wollen's die anderen auch“. Das sei nicht zu ändern.

Ändern würde Krebs allerdings gern den Zuschnitt der Verwaltungsgemeinschaft Marktheidenfeld: Er hält sie mit neun Mitgliedsgemeinden für zu groß. Aus seiner Sicht sei deshalb „eine Entlastung für die ehrenamtlichen Bürgermeister bei Weitem nicht gegeben“.

Damit ist er bei einem Projekt, das er nicht vollenden kann: Krebs hätte sich einen Zusammenschluss der Gemeinden Esselbach und Bischbrunn gewünscht, die schon zusammengewachsen sind. In diesem Punkt setzt Krebs auf die Zukunft: „Die Einheitsgemeinde könnte irgendwann eine Eigendynamik bekommen.“

Nach höheren politischen Weihen hat der „kleine Dorfbürgermeister“, wie Krebs sich auch bezeichnet, nie gestrebt. Eine Bundestags- oder Landtagskarriere war für ihn nie das Ziel. Nachdem er mehrere Abgeordnete nah begleitet hat, bilanziert er nüchtern: „Die müssen sich teuer verkaufen. Der Preis wäre mir zu hoch gewesen.“

Große Momente in der großen Politik hat er trotzdem erlebt: Unvergessen ist ihm das Jahr 1999, als er für die CSU als Wahlmann 326 in der Bundesversammlung in Berlin saß, um den Bundespräsidenten zu wählen. Sein zufälliges Zusammentreffen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder am Rande der Wahl von Johannes Rau wurde deutschlandweit im Fernsehen ausgestrahlt. Der höchste Bürgermeister auf dem Höhepunkt.

Inhaltlich näher war ihm Franz Josef Strauß. Neben dem saß er als junger Mann einmal bei einer Partei-Zusammenkunft in München beim Essen. „Ich habe vor Aufregung keinen Ton rausgebracht“, erinnert sich der wortgewandte Krebs an diese frühe Begegnung. Sein liebster Ministerpräsident war Alfons Goppel, weil er „volkstümlich“ war, sagt Krebs.

Bekanntschaft mit der „Schicki-Micki-Szene“ hat Krebs nicht in München, dafür aber in der Wanderhütte „Sylvan“ gemacht: Krebs traute nämlich in Bischbrunn den Schlagzeuger der Kölsch-Rockband „BAP“, Jürgen Zöller, und feierte mit der prominenten Hochzeitsgesellschaft im „Sylvan“. Der Manager der Band hatte Zöller für den Spessart begeistert, so dass der die „Location“ prompt für seine Hochzeit auswählte. An die Namen der Prominenten kann sich Krebs heute nicht mehr erinnern. „Das war nicht meine Welt.“

In der Neuen Welt hat er dagegen seinen „Blutsbruder“ gefunden. Richard T. Krebs (USA) und Richard Krebs (D) haben übers Internet gemeinsame Wurzeln entdeckt und sind Freunde geworden. Da freut es den scheidenden Bürgermeister besonders, dass sein Namensvetter extra zur Abschiedsfeier einfliegt.

30 Jahre Richard Krebs

Der scheidende Bürgermeister von Bischbrunn steht seiner Gemeinde seit 1984 vor. Davor war er sechs Jahre Gemeinderat und Dritter Bürgermeister.

Weitere Ämter in Auszügen: Richard Krebs ist seit 30 Jahren Mitglied im Kreistag Main-Spessart und Vorsitzender des Schulverbands Bischbrunn. Er steht seit 2008 an der Spitze des Wasserzweckverbands „Marktheidenfelder Gruppe“. Seit 1976 ist Krebs Mitglied im CSU-Kreisvorstand. Seit 1977 leitet er den CSU-Ortsverband Bischbrunn. Seit 1984 ist er Geschäftsführer der CSU-Kreistagsfraktion.

Von 1976 bis 1990 war er CSU-Geschäftsführer für den Bundeswahlkreis Main-Spessart. Seit 1991 fungierte Krebs als Mitarbeiter des ehemaligen CSU-Landtagsabgeordneten Eberhard Sinner (Lohr). Von 1993 bis 2008 war er stellvertretender Kreisvorsitzender des Bayerischen Gemeindetages.

Der 65-Jährige erhielt die Kommunale Dankurkunde und die Kommunale Verdienstmedaille in Bronze, die Silberne Raute der CSU, das Bundesverdienstkreuz am Bande sowie die Ehrenmedaille des Feuerwehr-Kreisverbands Main-Spessart.

Andreas Brachs




30 Jahre lang ein Team: Bürgermeister Richard Krebs und die Gemeindesekretärin Karin Kunkel im Bischbrunner Rathaus.
Foto: Andreas Brachs